· 

Fallen lernen

Gestrauchelter nackter Mann, der wieder aufzustehen versucht.
Der Gestrauchelte, Gouache u. Acryl auf Holz, 63,5 cm x 71 cm, 2007, Privatbesitz

Wer kommt schon gerne ins straucheln und liebt es, ins stottern zu geraten? Schlimmstenfalls sind wir dabei auf die Nase gefallen. Wem das einmal passiert ist, denkt in der Regel nicht gerne daran zurück: an die Reaktion der dabei anwesenden Menschen, an deren Mitleid oder deren versteckte oder sogar offene Schadenfreude.

 

Ein solcher Sturz wirkt nach. Er bleibt noch lange Zeit in den Augenblicken von vermeintlichen Freunden, Bekannten, Kollegen und nicht zuletzt unseren Konkurrenten sichtbar. Auch das Verhalten der Mitmenschen ändert sich nachhaltig. Denn ist man einmal gefallen, ist das kaum wieder gutzumachen. So ist das nun einmal bei der aufrecht gehenden Spezies Mensch: wer fällt, ist ein sich selbst gefährdendes Opfer. Darin wird der Mensch wieder zum wilden Tier, der um sein Überleben zu sichern, zu fallen zu vermeiden gelernt hat.

 

Dabei kommt es letztlich gar nicht darauf an, Gefahr zu gehen ins straucheln und fallen zu geraten, als vielmehr die Fähigkeit zu haben, wieder aufzustehen. Lernen kann das der Mensch bei seinen ersten Schritten und dabei, dass Fallen und wieder aufstehen zu können eine Grunderfahrung des Laufen lernen ist. Alles andere, wie der große Aufschrei beim Sturz beim ersten Laufversuchs eines jungen Menschen, würde die Motivation des Kleinkindes, es erneut zu versuchen, stark einschränken.

 

Es geht also nicht darum, fallen zu vermeiden, sondern zu lernen, wieder aufzustehen. Das geht aber nur, beim fallen lernen.

 

Menschen, die im Leben nicht gefallen sind und niemals Niederlagen erlebt haben, tun sich schwer damit, nach einer ersten Niederlage wieder aufzustehen. Und einigen gelingt es gar nicht mehr. Sie haben sich zu sehr daran gewöhnt, Sieger im Leben zu sein. Ein solcher Siegertyp war auch der Schwergewichtsboxer George Foreman, der 1974 im berühmten Kampf mit Muhammad Ali erstmals selbst knockout geschlagen worden war. Die Niederlage war ein dramatischer Schock für ihn. Danach litte er unter schweren Depressionen und tat sich schwer wieder Fuß zu fassen.

 

 

Foremans siegreicher Gegner, das „Großmaul“ Mohammad Ali, bewies seine wahre Größe erst, als der an Parkinson erkrankte trotz seiner offensichtlichen Schwäche weiterhin am öffentlichen Leben teilnahm. 1996 entzündete Ali mit zitternden Händen unter dem Jubel von 85 000 Zuschauern das olympische Feuer in Atlanta.  

Kommentar schreiben

Kommentare: 0