Wer auf der Hut vor Schlangen ist ...

Schlange vor dem Eingang eines Grabes
Die Hueterin, Acryl auf Leinwand, 60 cm x 80 cm, 2018

...ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Dieb. Das ist die verborgene Botschaft in vielen Mythen der Welt, nicht zuletzt auch in der hiesigen Nibelungensage. Denn wenn es überhaupt in der Sage um das Volk der Nibelungen geht, dann geht es um die des Schatzes beraubten „Söhne des Nebels“. Ob es sich bei diesem Volk um die Burgunder, die Franken oder um ein Zwergenvolk handelte, ist bis heute ungeklärt. Immerhin deutet „Zwergenvolk“ auf ein Volk hin, das im Verborgenen und unter der Erde (im Nebel) lebte. Unter Erde arbeiteten bereits vor 30 000 Jahren Menschen, gruben nach Feuerstein, Salz und Edelmetallen. Reich davon wurden die, die in den Minen schufteten, in der Regel nicht. Das waren Andere. Aber selbst Minenbetreiber, wie die Kelten, weckten Begehrlichkeiten, die von den Römern letztlich gewaltsam befriedigt wurden.

 

Schätze fanden sich meist auch in Gräbern hochrangiger Verstorbener. Als eine natürliche und von Grabräubern allseits gefürchtete Hüterin galt die Schlange, die in vielen Mythen zum furchtbaren Drachen geriet. Es waren also nicht Jungfrauen, die Schlangen und Drachen fürchten mussten. Es waren auch keine sagenhaften Drachentöter, die den Jungfrauen zu Hilfe eilten und sich heldenhaft feuerspeienden Ungeheuern entgegen stellten. Es waren vielmehr Diebe, die es auf die Hinterlassenschaft der Verstorbenen abgesehen hatten. Sie mussten Schlangen fürchten und überwinden, um die in der Dunkelheit verborgenen Schätze zu bergen. Die Verteufelung von Schlangen ist ein Nachhall vom Ablenkungsmanöver des Grabräubers, der mit dem Ausruf „Haltet den Dieb!“ vom wahren Dieb abzulenken versucht.

 

Diebstahl, Betrug und Verrat enden beim für alle Beteiligten blutigen Ende des Nibelungenliedes. Die Schlange ist hier als Bewahrerin einer Ordnung und Harmonie zu verstehen, die durch Habsucht und Neid zerstört wird und eine unaufhaltsame Katastrophe heraufbeschwört. Wie bei der letzten Schlacht, die Ragnarök, die das „Schicksal der Götter“ bestimmt, kommt es zum Weltenbrand, sobald die Schlange erschlagen ist.

 

 

Beim glorifizierten Sieg über die Schlange drängt sich mir die Frage auf, ob nicht die falschen Götter angebetet werden.

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