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Bildlegenden

Unser Dasein inmitten von Wuenschen, Beduerfnissen und Anforderungen
Dasein, 20 cm x 24 cm, Gouache und Tusche auf Baumwolle, 2004, Privatbesitz

Nicht wenige Künstler lassen ihre Bilder unbetitelt. O.T. die Abkürzung für „Ohne Titel“ unterstreicht womöglich die Absicht einiger Künstler, etwas zu präsentieren, das keinerlei Erläuterung bedarf. Denn das Werk solle für sich sprechen. Mitunter trifft dies auch zu. Aber das gilt nicht für jedes Bild, das der Öffentlichkeit präsentiert wird. Dann machen einige Künstler den „fehlenden Zugang“ des Betrachters zum Kunstwerk geltend gemacht. Aber vielleicht ist das Bild einfach inhaltsleer, was durch die Angabe O.T. weiter hervorgehoben wird.

 

Gleichwohl ist die Frage angebracht, ob Bildlegenden erforderlich sind oder nicht. Ich selbst gehöre zu denjenigen, die es für erforderlich oder vielmehr hilfreich ansehen, Bildinhalte zu benennen. Das ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Bildinhalte vollkommen zu erschließen, sondern jenen Zugang zu eröffnen, der allein das Bild auf den ersten Blick nicht aufzeigt. Auch wenn dies sicherlich nur für einige meiner Bilder zutreffen mag, gibt es einiges zu entdecken, was erst auf den zweiten Blick sichtbar wird. Für mein Bild „Dasein“, das vor langer Zeit entstand und inzwischen längst eine andere Besitzerin gefunden hat, trifft es eindeutig zu. Und ich erinnere mich noch sehr gut an die Entdeckungen einiger Besucherinnen und Besucher der Ausstellung, bei der ich erstmals das Bild präsentierte.

 

Bildlegenden können hilfreich sein, aber auch zu Irritationen führen. Ein gutes Beispiel dafür ist das berühmte Bild „Dies ist keine Pfeife“ des surrealistischen Malers René Magritte, das die Abbildung einer Pfeife zeigt. Das Bild bietet eine Gelegenheit über die Realität und Bedeutung abgebildeter Wirklichkeiten nachzudenken. Die Illusionsmalerei, die inzwischen wieder in der hyperrealistischen Malerei „neu“ entdeckt zu werden scheint und mittels Fotoprojektion und digitaler Unterstützung zum massenhaften Phänomen geworden ist, gibt dagegen wenig Anlass zum Kopfzerbrechen als vielmehr zur Ermüdung.

 

 

Ich möchte zugeben, dass Intentionen und Ergebnisse nicht immer konform gehen. Umso mehr habe ich ein Interesse daran, diese Diskrepanz zwischen Idee und Werk offen zu legen. Als Künstler sehe ich das Spannungsverhältnis zwischen Text und Bild im Wesentlichen als das Ziel und die Quelle künstlerischen Schaffens an. Unlängst wies mich eine Kommentatorin eines meiner Bilder auf einen Widerspruch zwischen Bild und Titel hin, der mir deutlich machte, das meine Wirklichkeit nicht mit jeder anderen Wirklichkeit übereinstimmen muss. Das bedeutet für mich aber auch, weiter im Gespräch zu bleiben. Frei nach der Devise: Kunst ist Kommunikation oder eben nicht.

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