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Hamsterrad oder Glaskasten?

Gesicht, Kopf eines Mannes
Ausschnitt aus "Tanz des Lebens - rot", Acryl auf Leinwand, 80 cm x 100cm, 2016

Letztlich ist es egal, ob ich mich im Hamsterrad abstrampele oder im Glaskasten sitze und mit Steinen werfe. Als in der öffentlichen Wahrnehmung unbedeutender Künstler fühle ich dennoch so etwas wie eine gesellschaftliche Verantwortung. Das versuche ich dann auch hin und wieder zum Ausdruck zu bringen. Mitunter auch unwissentlich.

 

Neulich ist mein nackter „Fährmann“ auf Widerstand gestoßen. Eine Facebook-Gruppe weigerte sich meinen Beitrag zu veröffentlichen und verwies dabei indirekt auf die entsprechenden Richtlinien bei Facebook. Dabei haben die verantwortlichen Admins offenbar übersehen, dass Facebook die Richtlinien, was Nacktheit betrifft, etwas geändert hat:

 

Unsere Richtlinien zur Nacktheit sind mit der Zeit nuancierter geworden. (...) Fotos von Gemälden, Skulpturen und anderen Kunstformen (sind) gestattet, die nackte Personen oder Figuren zeigen.

 

Ich hatte jedoch keine Lust, mich bei der Gruppe zu beschweren, sondern beendete kurzerhand meine Mitgliedschaft. Ungeachtet des offenbar falschen Hinweises der Gruppe bezüglich meines Beitrages, veröffentlichte ich eben diesen in anderen Gruppen. Dann jedoch erhielt ich plötzlich eine Nachricht von Facebook, der Admins darauf hinwies, dass diese zweifelhafte Beiträge, die gegen die „Gemeinschaftsstandards“ verstießen, melden bzw. löschen könnten.

 

Ich verstand zunächst nicht, warum ich diese Nachricht erhielt. Als ich jedoch feststellte, dass mir die Funktion, Beitrage in Gruppen zu teilen, nicht zur Verfügung stand, erinnerte ich mich wieder der Nachricht, die ja in gewisser Weise gar nicht direkt an mich persönlich gerichtet war.

 

All das erinnerte mich an einen Vorfall, den ich einst auf der damaligen Transitstrecke in der DDR erlebte. Dort hatte mich ein DDR-Bürger an einer Raststätte angesprochen, der sich für Bildchen von Fußballspielern der Berliner Hertha-Mannschaft interessierte. Da ich derartige Bildchen nicht besaß, erklärte ich ihm dies und verabschiedete mich freundlich von ihm. Dabei hatte ich, da ich mich ansprechen ließ, offenbar gegen ein damals geltendes Transitgesetz verstoßen, rekapitulierte ich nach einer kurzen Festnahme an der Grenze zu Westberlin. Denn als ich nach dem Grund der Festnahme fragte, erklärten mir die Beamten, dass ich das ja wissen müsse, wenn ich die Transitgesetze ordentlich gelesen hätte. Tatsächlich hatte ich dies nicht getan und ahnte, dass es besser sei fortan zu schweigen. Ebenso wortlos wurde ich dann wieder freigelassen und konnte meine Reise nach Westberlin fortsetzen.

 

 

Derweil setze ich meine Reise im Internet fest, frage nicht weiter nach festgelegten Standards imaginärer Gemeinschaften, die ähnlich der Parole, dass der Staat du selber seist, besser funktionieren als existieren. Und vielleicht sind auch alle meine Schlussfolgerungen nach seltsamen Vorfällen meiner eigenen Vorstellung entsprungen. Noch verfüge ich nicht wieder über die Funktion Beiträge in Gruppen zu teilen. Vorerst jedenfalls.

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