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Mit dem Bild stimmt was nicht

Dirck van Baburen, "Die Grablegung" um 1617 bis 1621
Dirck van Baburen, "Die Grablegung" um 1617 bis 1621

 Gemeint ist das Bild „Die Grablegung“ von Dirck van Baburen (um 1617-1621). Zurzeit sind Werke von ihm zusammen mit Gemälden anderer Caravaggisten sowie Caravaggio selbst in der alten Pinakothek in München zu sehen.

 

Natürlich muss nicht gleich jeder Fehler eines alten Meisters eine besondere Beachtung finden. Auffällig ist jedoch, dass sie überhaupt niemanden aufzufallen scheinen.

 

Mir jedenfalls fällt auf, das mit dem Kopf der Figur im Vordergrund etwas nicht stimmt. Oberhalb der Nase weitet sich mit der Stirn beginnend der Kopf unnatürlich aus. Es handelt sich vermutlich um eine perspektivische Verzerrung, die aufgrund einer fehlerhaft bzw. unbeachtet veränderten positionierten Projektion entstanden sein wird. Das kann leicht passieren. Nichtsdestotrotz hätte es dem Künstler beim erneuten Betrachten auffallen müssen. Aber möglicherweise hatte er zu viel Vertrauen in die Technik des verwendeten optischen Hilfsmittels, das er eine weitere Überprüfung unnötig fand.

 

In der Ausstellungsbeschreibung heißt es: „Welch ein Schock muss es für die drei Utrechter Maler Hendrick ter Brugghen, Gerard van Honthorst und Dirck van Barburen gewesen sein, als sie in Rom erstmals die atemberaubenden und unkonventionellen Gemälde Caravaggios sahen.“ (https://www.pinakothek.de/caravaggisti – abgerufen am 12.07.2019)

 

Indes waren die Utrechter Maler, wie ich vermute, weniger vom „neuartigen Realismus“ geschockt als vielmehr mit der Frage konfrontiert, wie Caravaggio zu derartigen malerischen Ergebnissen gelangen konnte. Alsbald fanden sie selbst die „Wundermittel“, die dazu verhalfen reale Abbilder auf die Leinwand zu projizieren. Das „mysteriöse Licht“ erklärte sich dann von selbst.

 

Fehler, wie die im Bild „Die Grablegung“, können natürlich auch ohne technische Hilfsmittel unterlaufen: zum Beispiel bei einer kleinen Veränderung des Blickwinkels des Künstlers zum Objekt. Doch derartige Verzerrungen fallen beim erneuten Betrachten ins Auge und können vom Künstler korrigiert werden. Es sei denn, dazu fehlt die Zeit, und das Bild ist längst beim Auftraggeber gelangt, der den Fehler nicht erkennt oder schlicht, aufgrund des eindrucksvollen realistischen Effekts, übersieht.

 

 

Aber manchmal lohnt es sich, die Augen zu öffnen: auch und besonders beim Museumsbesuch.

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