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Der andere Blick

Der Kriegsgott Mars auf dem Weg in den Krieg, abgelenkt von der anwesenden, jedoch im im Bild unsichtbaren Venus.
Mars (Detail), 50 cm x 70 cm, Gouache u. Acryl auf Baumwolle, 2005

Der überwiegende Teil der Kunsthistoriker hat einen eingeschränkten Blick auf die Kunstgeschichte eingenommen, der bis heute die populäre Kunstauffassung der Moderne wesentlich bestimmt. Dabei richtete sich der Blick nahezu ausschließlich auf das Formale und Äußerliche der malerischen Mittel. Jutta Hülseweg-Johnen schreibt in „Schönheit und Geheimnis – Der Deutsche Symbolismus“ (S. 10): „Die populäre Kurzfassung der Kunstgeschichte der Moderne (…) konzentrierte die Kriterien zeitgemäßer Kunst zumeist auf die Verselbständigung der malerischen Mittel und die Abkehr von der Naturnachahmung mit dem Endziel der Abstraktion und beschrieb damit den Weg von Realismus und Naturalismus über Impressionismus, Kubismus und Expressionismus bis zum gegenstandsfreien Bild. Doch in vielfacher Hinsicht manifestierte sich im Aufbruch der Moderne die Subjektivierung der Kunst gemäß eines radikal veränderten Selbstverständnisses der Künstler nicht allein in der Automatisierung der malerischen Mittel und der Befreiung von Farbe und Form aus der akademischen Darstellungskonventionen, sondern ebenso in der formal traditionelleren Verbildlichung der neuen Ideen und Vorstellungen.“

 

So geriet der Symbolismus, der seinerzeit als revolutionär und avantgardistisch empfunden worden war und den Inbegriff modernen Kunstschaffens darstellte, nicht nur aus dem Blick, sondern wurde zudem mit dem Siegeszug der Abstraktion als unmodern und rückwärtsgewandt erklärt (vgl. Jutta Hülseweg-Johnen, Ebd.). Bei genauerer und freier Sicht auf die Geschichte der Malerei stößt man jedoch unweigerlich auf eine neue Innerlichkeit verschiedenster Avantgardebewegungen, die jenseits der Wahl von Form und Farbe im Symbolismus ihren stärksten Ausdruck fand. Insofern hätte die Moderne ohne die „rückwärtsgewandten“ symbolistischen Maler ein wesentliches Element Bild erzählerischer Mittel verloren. Zugleich aber wird dieser Einfluss, der u.a. bei vielen Werken Picassos unübersehbar ist, geflissentlich übersehen.

 

 

All das gilt sicherlich nicht allein für den Symbolismus und die Geschichte der Moderne. Umso wichtiger erscheint es mir, die Geschichte der Malerei neu zu lesen und den eigenen Blick auf die künstlerische Arbeit zu öffnen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Roswitha Rosa Selle (Montag, 18 Juni 2018 16:06)

    Danke für diese Information, sehr interessant.

  • #2

    Willi Büsing (Montag, 18 Juni 2018 17:06)

    Das freut mich sehr, dass mein Beitrag Dein Interesse geweckt hat.